Reizblase: 11 Tipps und Tricks, was Sie selbst dagegen tun können.

Menschen mit einer Reizblase kennen vielleicht solche oder ähnliche Situationen aus ihrem Alltag: da steht man wartend in einer Schlange oder im Stau auf dem Weg zur Arbeit und dann kommt überfallartig der Harndrang! Jetzt, sofort, es gibt keinen Aufschub mehr, eine Toilette muss her. Viele Betroffene mit einer Reizblase wissen, wovon die Rede ist, und haben solche Situationen bereits häufiger durchlebt. Das ist nicht nur für die Blase, sondern auch für die Betroffenen selbst eine Stresssituation, die auch noch psychisch belasten kann.

Wann spricht man von einer Reizblase? 

Üblicherweise hat man im Normalfall ca. 6 - 8 Toilettengänge am Tag und scheidet dabei je nach Trinkmenge zwischen 1,5 - 2 Liter täglich, durchschnittlich 250 - 500 ml Urin je Toilettengang aus. Der Gang zur Toilette, also das Urinieren wird medizinisch auch „Miktion“ genannt. Bei gesunden Menschen läuft dies relativ stressfrei ab und ein Harndrang entwickelt sich erst dann, wenn die Blase ausreichend gefüllt ist (ab ca. 150 - 200 ml Füllmenge).

Von einer Reizblase - oder auch überaktiven Blase - wird gesprochen, wenn der oder die Betroffene sehr häufig pro Tag einen plötzlich sehr starken, teilweise sogar unerträglichen Harndrang verspürt, obwohl die Blase nicht vollständig gefüllt ist und der letzte Toilettengang noch nicht lange zurückliegt. Häufig ist dieser sehr dringende Harndrang für die Betroffenen kaum zu kontrollieren.

Die Symptome, die mit der Reizblase einhergehen, ähneln denen der akuten Blasenentzündung

  • Häufiger Harndrang bei nur geringer Füllung der Blase 
  • Kleine Urinmengen, teilweise nur ein paar Tropfen 
  • Krampfartige Unterleibsschmerzen
  • Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen
  • Dranginkontinenz

Im Gegensatz zur Blasenentzündung können jedoch keine Keime oder Bakterien im Urin nachgewiesen werden, die die Beschwerden verursachen. Daher hilft auch in solchen Fällen keine Antibiotika-Therapie.

Was sind Ursachen einer Reizblase?

Die Ursache für eine Reizblase ist nicht vollständig geklärt. Vermutet wird, dass fehlgeleitete Nervenimpulse aus der Blasenmuskulatur und auch eine gesteigerte Überempfindlichkeit der Blasenwand verantwortlich sein können. Gesteigertes Alter, Stress, Kälte, eine ungesunde Ernährung sowie ein hormonelles Ungleichgewicht und auch wiederkehrende Blasenentzündungen in der Vorgeschichte gelten als Verstärker. Zudem können bestimmte Lebensmittel, wie Koffein, Alkohol, scharfe Gewürze oder saure Früchte, die Beschwerden eine Reizblase auslösen oder verschlimmern.
 

Welche Maßnahmen helfen bei einer Reizblase?

Wenn Sie unter einer Reizblase leiden, gibt es verschiedene Maßnahmen, die Ihnen helfen können, Ihre Symptome zu lindern. Wir haben ein paar Tipps und Tricks zusammengestellt, wie Sie Ihre Beschwerden lindern können:

  1. Miktionstagebuch oder „Blasentagebuch“

    Zu Beginn der Therapie sollte zunächst ein sog. Miktionstagebuch geführt werden. Notiert werden neben der Uhrzeit des Toilettenganges auch die Menge des ausgeschiedenen Urins. Ebenso wird die Trinkmenge, aber auch Nahrungsmittel oder Medikamente festgehalten, die Sie im Verdacht haben, die Beschwerden zu verschlimmern. Schreiben Sie auch am Ende des Tages auf vor dem zu Bett gehen, wie Sie sich an dem Tag gefühlt haben war es ein stressiger Tag, hatten Sie die Möglichkeit zu entspannen, gab es spezielle Themen, die Sie bspw. aufgeregt oder verärgert hatten, etc.?

    Gemeinsam mit Ihrer Therapeutin oder Ihrem Therapeuten können Sie dann Ihr Miktions- bzw. Blasentagebuch analysieren und auswerten werden, um so weitere und für Sie hilfreiche Maßnahmen zu besprechen. 
    Ein Miktionstagebuch können Sie hier kostenlosen herunterladen (PDF). 
     
  2. Gleichmäßig trinken 

    Im ersten Moment würde man vielleicht meinen, weniger ist mehr, damit der Impuls zum Wasser lassen nicht noch früher kommt, aber eine gleichmäßig über den Tag verteilte Trinkmenge ist wichtig, um die Blase zu trainieren. 1,5 - 2 Liter sollten es täglich sein. Patienteninnen und Patienten, die auch von nächtlichem Harndrang gequält werden, sollten spätestens zwei Stunden vor dem Schlafen gehen keine Flüssigkeiten mehr zu sich nehmen. 

    Weniger als die angegebene Menge sollte es nicht sein, da der Harn in der Blase sonst zu stark konzentriert wird und die bereits gereizte Blasenschleimhaut zusätzlich angegriffen werden kann. Auch könnten sich in einer geringeren Menge Harn – sollte dieser doch mal länger in der Blase verweilen – Keime besser entfalten und vermehren. Daraus könnte sich dann doch eine akute Blasenentzündung entwickeln. Ungesüßte Kräutertees, stilles Wasser oder - in Ausnahmefällen - auch mal eine stark verdünnte Saftschorle sind als Getränke gut geeignet und schonen die Blasenschleimhaut. 
     
  3. Wärme 

    Hört sich einfach an, ist es auch! Bei einer Reizblase spielt Kälte als Auslöser eine große Rolle. Auf kalten Steinen, Bänken oder Stühlen sitzen kann die Beschwerden unangenehm verstärken oder sogar eine Blasenentzündung auslösen. Für Patientinnen und Patienten ist es wichtig, dass der Urogenitalbereich stets vor Kälte geschützt wird. Dazu ist es hilfreich, durch eine regelmäßige Wärmezufuhr z. B. mit einer Wärmflasche oder einem Körnerkissen die angespannte Blasenmuskulatur zu entspannen. 

    Unterwegs bieten sich auch viele Möglichkeiten, um nicht auf kühlen Flächen sitzen zu müssen oder seine Blasenregion gut zu wärmen. Sitzkissen aus wärmender Schurwolle bzw. mit einer isolierender Alu-Schicht (Thermositzkissen) gibt es in verschiedenen – auch faltbaren - Ausführungen, die praktisch in jede Tasche passen. Auch automatisch beheizbare Sitzkissen, die man mittels Akku vorher aufladen kann, sind sehr hilfreich. Ihr Vorteil: Wärme auf Knopfdruck, wann immer man sie benötigt. Die Akkus können – je nach Hersteller zwischen 2,5 - 9 Stunden Wärme abgeben.  

    Wenn man für einige Stunden Wärme direkt auf der Blasenregion wünscht, aber gerade nicht eine geeignete Sitzunterlage oder Wärmflasche mitnehmen kann (z. B. auf Reisen, zu Geschäftsterminen, etc.), kann ganz diskret auch mit einem Wärmepflaster gezielt Wärme auf den Blasenbereich bzw. auf der Lendenregion erzeugt werden. Die Wärmepflaster generieren durch Oxidation eine Wärmeabgabe von 4 - 8 Stunden. Dabei reagieren sie direkt mit Sauerstoff, sobald sie aus der Verpackung genommen werden. Das Wärmepflaster sollte daher zügig auf die gewünschte Körperstelle platziert werden, um den Wärmeeffekt optimal zu nutzen. Nach der Nutzung von Wärmepflaster sollte der entsprechenden Hautstelle jedoch eine Pause von mind. 12 Stunden gegönnt werden, um diese nicht zu reizen.
     
  4. Bestimmte Lebensmittel meiden

    Kaffee und zu scharfe und zu stark gewürzte Lebensmittel können die bereits angegriffene Blasenschleimhaut zusätzlich reizen und damit unter Stress setzen. Alkohol sollte man grundsätzlich bei Reizblase oder auch Blasenentzündung meiden. Denn Alkohol ist erfahrungsgemäß ein Zellgift. Zudem werden rund 2 % des im Blut aufgenommen Alkohols unverändert über die Niere und damit durch die Blase mit dem Urin ausgeschieden. Das bedeutet, dass die reizenden Stoffe des Alkohols direkt an der Blasenwand die empfindliche Schleimhaut zusätzlich reizen. Zudem schwächt Alkohol bekanntermaßen den gesamten Organismus und damit die Abwehrkraft. 

    Meiden Sie daher am besten solche Lebensmittel bzw. Alkohol bei einer Reizblase. Eine ausgewogene, vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung ist daher nicht nur hilfreich und gesund, sondern stärkt das Immunsystem und schützt damit die Blasenschleimhaut zusätzlich. 
     
  5. Blasentraining bzw. Toilettentraining

    Durch gezieltes Blasentraining, kann die Blase dazu gebracht werden, wieder mehr Urin in der Blase zu speichern, bevor der Harndrang einsetzt. Dabei wird der Gang zur Toilette bei starken Harndrang um möglichst 5 Minuten hinausgezögert. Es hilft in dieser Situation sich auf andere Dinge zu konzentrieren oder einer anderen Tätigkeit nachzugehen, um sich gedanklich vom Harndrang abzulenken. Das kann Musizieren, Lesen oder eine Tätigkeit im Haushalt sein, die noch zu erledigen ist. 

    Gehen Sie behutsam vor und unterwerfen Sie sich keinem Druck. Am besten starten Sie mit dem Toilettentraining an einem Tag, an dem Sie zuhause sind. In einem „Blasentagebuch“ können Sie sich Notizen machen, in welchen Abständen Sie auf die Toilette gegangen sind. Jede Minute länger ist ein Erfolg. Ziel des Trainings sollte sein, den Toilettengang um weitere Minuten nach und nach immer weiter hinauszuzögern und ein längerer zeitlicher Abstand zwischen den Toilettengängen dann zur Normalität wieder wird. Beim Blasentraining ist auch die gezielte Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur durch Beckenbodentraining sehr hilfreich.
     
  6. Beckenbodentraining 

    In den meisten Fällen sind Frauen von der Reizblase betroffen, doch auch Männer können unter einer zu aktiven Blase leiden. Oftmals haben Patientinnen und Patienten mit einer zu aktiven Blase auch eine Kombination aus Reizblase und Beckenbodenschwäche. In diesen Fällen kann ein gezieltes Beckenbodentraining sinnvoll sein. Sprechen Sie hierzu mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin und suchen Sie sich speziell für Beckenbodentraining ausgebildete Physiotherapeuten und -therapeutinnen.

    Tipp: auch beim Pilates wird das „Power House“, also das innere Krafthaus, welches aus den Bauchmuskeln, der tiefen Wirbelsäulenmuskulatur und der Beckenbodenmuskulatur besteht, gezielt mit besonderen Körperübungen trainiert. Daher ist für manche Pilates-Training eine gute Möglichkeit, ihre Blase gezielt zu beruhigen und auch zu stärken.
     
  7. Entspannung und Achtsamkeitstraining

    Stress ist ein Faktor, der die Beschwerden rund um die Reizblase verstärkt. Um sich und Ihrer Blase etwas Gutes zu tun, können Entspannungstechniken und ein Achtsamkeitstraining ein guter Weg sein, um mehr Ruhe in Ihr Leben und damit auch in Ihre Blase zu bringen. Progressive Muskelentspannung, Yoga, Atemübungen und Meditation sind geeignet, um im Alltag gelassener zu sein. Dies hilft, um mit der Angst und dem Stress besser fertig zu werden, wenn die Suche nach einer Toilette die Tagesplanung zu sehr dominiert. 
     
  8. Pflanzliche Unterstützung

    Das Kraut der Echten Goldrute (Solidago virgaurea) kann unterstützend zur Behandlung der Reizblase eingesetzt werden. Die Goldrute wirkt entzündungshemmend und krampflösend auf die Harnwege. Dabei stehen neben speziellen Tees, Tinkturen und Tablettenpräparate aus der Apotheke zur Verfügung. Bei Männern mit zusätzlicher Prostatavergrößerung können sich Präparate aus Sägepalmfrüchten sowie Kürbiskernen sowohl positiv auf die Prostatabeschwerden als auch auf die Reizblasensymptomatik auswirken. 
     
  9. Weitere mögliche (Naturheil-)verfahren  

    Die Therapie der Reizblase ist individuell verschieden und nicht bei jedem Patient / jeder Patientin sind es die gleichen Methoden, die zum Erfolg führen. In vielen Fällen ist es eine Kombination aus mehreren Tipps, die die Symptomatik verbessern. Neben den vorher genannten pflanzlichen Unterstützungen, können sich Verfahren wie beispielsweise Hypnose, Akupunktur, Neuraltherapie oder Osteopathie positiv auf die Beschwerden auswirken. 
     
  10. Biofeedback-Methoden

    Ergänzend zum Beckenbodentraining ist bei einigen Patientinnen und Patienten auch die Biofeedback-Methode eine große Hilfe. Mittels einer Sonde, die bei Frauen in die Vagina eingeführt wird, wird das Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur deutlich gemacht. Über einen Bildschirm oder eine App auf dem Handy können verschiedene Programme zur Stärkung des Beckenbodens und zur besseren Ansteuerbarkeit regelmäßig und selbständig durchgeführt werden. 
     
  11. Medikamentöse Behandlung

    In einigen Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung hilfreich sein. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin über Ihre Symptome und fragen Sie ihn nach einer möglichen Behandlung. Es ist wichtig, eine Reizblase nicht zu ignorieren, da unbehandelte Symptome zu anderen Komplikationen, wie Harnwegsinfektionen, führen können.

Wenn Sie unter einer Reizblase leiden, sollten Sie wissen, dass Sie nicht alleine sind. Es gibt viele Menschen, die ähnliche Probleme haben und es gibt viele Möglichkeiten, Ihre Symptome zu lindern. Sprechen Sie daher mit Ihrer Therapeutin oder Ihrem Therapeuten offen über Ihre Beschwerden und arbeiten Sie gemeinsam an einem Plan, um Ihre Lebensqualität zu verbessern.

Wir hoffen, dass Ihnen dieser Beitrag neue Informationen und Unterstützung geben kann. Wenn Sie weitere Ideen oder Themenwünsche haben, kontaktieren Sie uns gerne.